Regierungspräsident Thomas Schürmann fragt zwei Schüler der Grundschule am Dichterviertel, wie sie gemeinsam mit den Aufgaben auf den Karten Addieren lernen. Bei solchen Tandem-Übungen müssen die Kinder nicht im Klassenraum bleiben, sondern wählen ihren Ort zum Lernen selbst

Schule am Dichterviertel: Miteinander und voneinander lernen

Regierungspräsident Thomas Schürmann war beim Besuch der Grundschule am Dichterviertel in Mülheim beeindruckt vom dort umgesetzten pädagogischen Konzept. Unter anderem werden Kinder der Jahrgangsstufen 1 bis 4 gemeinsam unterrichtet und lernen so miteinander und voneinander.

Dass an der Grundschule im Dichterviertel vieles anders ist, als an anderen Grundschulen, wird schon klar, bevor Regierungspräsident Thomas Schürmann das Schulgebäude betritt: Auf dem Schulhof wird er von einigen Schülerinnen und Schülern in Empfang genommen. Drinnen wartet im Eingangsbereich bereits das Schülerparlament, um ihm Ihre Schule vorzustellen. 

Der Regierungspräsident erfährt, wie sich jedes Kind seinen eigenen Lernplan zusammenstellt und eigene Ziele steckt, dass vor dem nächsten Lernschritt eine Lernzielüberprüfung stattfindet, dass es keine Hausaufgaben oder Klassenarbeiten gibt, aber sehr viele Angebote zu unterschiedlichen Interessensgebieten wie Kräuter AG, Sport, Entspannungs-Workshop oder eine Medien-AG. Die Kinder versorgen auch die Schulkaninchen, es gibt einen Forscherraum und in jedem Klassenzimmer eine Leseecke und eine Bastelecke. Wer kein Pausenbrot von zu Hause mitbekommen hat, kann sich in der Schulküche ein Frühstück holen, und mittags essen dort alle zusammen.

Schulleiterin Nicola Küppers hält sich bei den Erklärungen des Schülerparlaments im Hintergrund, gibt nur ab und zu ein paar Stichworte. Und die Kinder übernehmen ganz selbstverständlich gemeinsam die Verantwortung, ihre Schule vorzustellen. „Vielen Dank. Das habt ihr unglaublich gut erklärt. Ich habe viel gelernt“, sagt Thomas Schürmann zum Schluss. 

Anschließend möchte der Regierungspräsident von der Schulleiterin als Erstes wissen, wie es zu dem Konzept der Schule gekommen ist. Nicola Küppers erklärt im Schnelldurchlauf: Vor zehn Jahren stand die Schule kurz vor der Schließung, weil sie zu wenig Anmeldungen hatte. Die Lernleistungen der Schülerschaft lag unter dem Landesdurchschnitt, das Kollegium war ausgepowert, die Schulleitung wechselte an eine andere Schule. Als Küppers die Grundschule mit einer sehr gemischten Schülerschaft übernahm, stellte sie eine Frage in den Mittelpunkt: Was ist gut für die Kinder? Unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse entstand nach und nach das Konzept, des miteinander und voneinander Lernens. Dazu gehört, dass jedes Kind entsprechend seinen eigenen Bedürfnissen und Stärken lernt. „Damit das gelingt, sind starke Strukturen und klare Regelungen notwendig“, erklärt Küppers. Und diese werden für alle – Schülerschaft, Kollegium und Eltern - klar kommuniziert. „Dabei muss man flexibel bleiben. Wir können in einem solchen System nicht verharren, sondern müssen auf Veränderungen reagieren. Es ist ein ständiger Prozess bei dem wir immer wieder ausbalancieren, auf welchem Weg wir unsere Ziele am besten erreichen.“

Inzwischen ist die Schule ein Vorbild für Bildungsgerechtigkeit, Modellschule für Inklusion sowie die Förderung von Hochbegabung und wurde bereits zwei Mal mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet. „Das Wissen, wie wir Kinder ihren Stärken entsprechend fördern können, ist ja da. Wir müssen es aber auch umsetzen. Und genau das ist unser Ziel“, fasst die Schulleiterin zusammen.

Beim Rundgang durch die Klassen bekommt Regierungspräsident Schürmann einen Eindruck davon, wie die Theorie in der Praxis funktioniert. Es wird deutlich, wie viele Details nach und nach etabliert wurden und zum Gelingen beitragen. Und wie selbstverständlich und mit welcher Selbstgewissheit die Kinder in diesem von der Schule gesetzten Rahmen lernen und leben.

Auch für das Kollegium gilt: Jede und jeder bringt seine Stärken ein und übernimmt konkrete Verantwortung. Wenn neue Herausforderungen anstehen, werden die Ziele definiert und in kleineren Teams Lösungswege erarbeitet. Aktuelles Beispiel: Für die Ganztags-Betreuung wird Platz benötigt. Zusätzliche Räume hat die Schule aber nicht. Also werden neue Konzepte geplant und erprobt, wie die Räum sowohl für Unterricht als auch für die Angebote im Ganztag genutzt werden können.

„Ich nehme sehr viel Interessantes und Neues von diesem Besuch mit. Es ist beeindruckend hier vor Ort zu erleben, wie Sie als Schulleitung, die Lehrkräfte, die Eltern und die Kinder dieses Bildungskonzept umsetzen. Das ist etwas ganz Anderes, als darüber nur etwas zu lesen. Vielen Dank für diese Einblicke und ihr großes Engagement“, sagte Thomas Schürmann zum Abschied.